von Daniel Waldvogel, Inhaber der Waldvogel AG, Personal- und Unternehmensberatung in Chur
Gemäss dem Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation SFBI sind in der Schweiz über 400'000 Personen im Alter zwischen 25 und 54 Jahren ohne Berufsabschluss. Diese Personen sind nur ausnahmsweise als Fachkräfte einsetzbar und arbeiten deshalb meist als Angelernte, verdienen dabei häufig weniger und sind überdurchschnittlich oft von Arbeitslosigkeit betroffen. Damit wird die Existenzsicherung bis zum Pensionsalter, und immer öfter auch darüber hinaus, zum grossen Problem von Erwachsenen ohne Berufsabschluss. Und der Wirtschaft fehlen die dringend benötigten Fachkräfte.
Aber auch Berufsleute mit Fähigkeitszeugnis können nicht mehr davon ausgehen, dass ihr erlernter Beruf ein Arbeitsleben lang gefragt ist. Die Bildungsverordnungen der einzelnen Lehrberufe werden alle fünf Jahre überarbeitet. Damit werden sie den wachsenden Ansprüchen an die Automatisierung im Handwerk, an neue Arbeitsmethoden und an qualitätsbedingte Auflagen der Ausbildung angepasst. Alte Lehrberufe verschwinden oder werden unter neuen Berufsbezeichnungen zusammengefasst. Gleichzeitig kommen neue Berufe hinzu und bieten wieder Zukunftsperspektiven. Diesem Prozess auf dem Arbeitsmarkt müssen sich Erwachsene zunehmend stellen.
Berufslehren im Anschluss an die obligatorische Schulzeit sind mit über 70 Prozent die häufigste Form, einen Berufsabschluss zu erlangen. Bildungspläne, Berufsschulen und Lehrbetriebe sind denn auch bestens darauf abgestimmt. Klassische Berufslaufbahnen mit Lehrabschluss und allenfalls einer Weiterbildung werden aber zunehmend von einer flexiblen Laufbahngestaltung mit Neuorientierungen, Familienpausen und Wiedereinstieg in den Beruf verdrängt.
Bereits ab 25 Jahren wird es oft aus finanziellen und familiären Gründen schwieriger, einen anerkannten Beruf zu erlernen oder einen entsprechenden Abschluss nachzuholen. Die Vereinbarkeit von Ausbildung, Arbeit und Familie stellt eine grosse Herausforderung dar. Hilfe leistet zum Beispiel die Berufs-, Studien- und Laufbahnberatung des Amtes für Berufsbildung Graubünden.
Nebst der regulären Berufsbildung haben sich heute drei weitere Hauptwege zum Berufsabschluss für Erwachsene etabliert: erstens die verkürzte berufliche Grundbildung, dann die direkte Zulassung zum Qualifikationsverfahren und drittens die Validierung von Bildungsleistungen.
Für Personen mit ausländischen Abschlüssen gibt es zudem Verfahren zur Anerkennung ihrer Diplome in der Schweiz. Die rechtlichen Grundlagen in der Schweiz zur Erlangung eines Berufsabschlusses im Erwachsenenalter sind sehr offen und lassen individuelle Lösungen zu, ohne dass dabei Abstriche bei den hohen Qualitätsanforderungen gemacht werden. Bereits heute befinden sich schweizweit rund 20'000 Personen ab 25 Jahren in einer beruflichen Grundbildung und jährlich erreichen über 9'000 Erwachsene einen Berufsabschluss mit Eidgenössischem Berufsattest (EBA) oder Fähigkeitszeugnis (EFZ). Das sind immerhin zehn Prozent aller Berufsabschlüsse.
Diese Zahlen stimmen zuversichtlich. Trotzdem sollten mehr Erwachsene ohne Berufsabschluss den Mut haben, einen eidgenössischen Fähigkeitsausweis nachzuholen oder die eigenen Berufskenntnisse durch Zusatzausbildungen auf den aktuellsten Stand zu bringen. Verlierer gibt es dabei keine.
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Daniel Waldvogel
Waldvogel AG
Personal- und Unternehmensberatung in Chur
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