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Achtsamkeit in der Arbeitswelt – eine spannende Entwicklung

Veröffentlicht am 19.12.2016
Achtsamkeit in der Arbeitswelt – eine spannende Entwicklung
Achtsamkeit ist auch in der Arbeitswelt angekommen. Immer mehr Organisationen entdecken das Thema für sich. Immer mehr Menschen in der Wirtschaft meditieren. Die Sehnsucht nach einer gesunden Balance zwischen den täglichen Herausforderungen und den persönlichen Bedürfnissen zieht sich durch alle Branchen und Berufe. 
von Marianne Parpan

Ein ausgefüllter Arbeitstag, herausfordernde Pläne und Vorhaben, das Erreichen von privaten und beruflichen Zielen, dazu sportliche Betätigung und soziale Kontakte – all dies sind wichtige Pfeiler für ein erfülltes Leben. Solange dieses volle Leben von innerer Zufriedenheit, gesunder Gelassenheit und Akzeptanz dessen, was sich im Moment abspielt, getragen wird, kann davon ausgegangen werden, dass Geist - Körper - Seele in einem gesunden Gleichgewicht sind. Der Mensch fühlt sich erfüllt, glücklich und ausgeglichen. Sobald jedoch einer dieser Anteile unseres Menschseins aus dem Gleichgewicht fällt, ist die Gefahr gross, dass sich Unzufriedenheit, Ohnmachtsgefühle, Ängste oder Stresssymptome zeigen. In der Folge können Leistungsfähigkeit, Motivation und Lebensfreude gemindert werden, was wiederum Unzufriedenheit auslöst. Das Drehen im Hamsterrad oder im Gedankenkarussell beginnt. Achtsamkeit ist eine Methode, mehr noch eine Haltung, die dazu befähigt, aus diesem ungesunden Mechanismus auszusteigen und gesund und leistungsfähig zu bleiben.
 
Vom Tun zum Sein
Jon Kabat-Zinn, Begründer der Stressreduktion durch Achtsamkeit (MBSR = Mindfulness Based Stress Reduction) beschreibt Achtsamkeit als «absichtsvolles, nicht urteilendes Gewahrsein von Moment zu Moment» und als «eine innere Haltung, die sich durch die sieben Qualitäten Nicht-Urteilen, Anfängergeist, Geduld, Nichts-erzwingen-Wollen, Offenheit, Akzeptanz und Loslassen» auszeichnet. Dabei geht es auch um die Entwicklung einer inneren Haltung, die der üblichen Tendenz in unserer Gesellschaft diametral entgegengesetzt ist: Sie erfordert den Wechsel vom «Tun-» in den «Sein-Modus». Das bedeutet, aus der Geschäftigkeit oder der Gedankenspirale auszusteigen und ganz in der Präsenz des Moments zu verweilen. Das Erleben, wie es sich im Moment zeigt, zu beobachten und sich mit allen aufkommenden Gedanken, Gefühlen und Empfindungen vertraut zu machen – ohne zu bewerten, zu urteilen oder etwas anders haben zu wollen, sei es angenehm oder unangenehm.
 
Aus dem Autopilot aussteigen
Das kontinuierliche Training des Innehaltens im Alltag durch die Achtsamkeitspraxis festigt das bewusste Wahrnehmen und Aussteigen aus den Mechanismen des Autopiloten.
Forschungsergebnisse aus der Achtsamkeitsmeditation bestätigen zudem u.a. eine deutliche Verbesserung der Emotions- und Aufmerksamkeitsregulation. Auch die positive Veränderung von kognitiven Neubewertungen konnten bereits nach einem 8-Wochen-MBSR-Kurs nachgewiesen werden. Wer die Fähigkeit besitzt, sich im Moment zu verankern, verfestigte Verhaltensmuster unmittelbar zu erkennen, sei es im Denken, Fühlen oder Handeln, dem eröffnet sich eine innere Freiheit. Diese Wachheit ermöglicht es, in jeder Situation selbstbestimmte und neue Entscheidungen zu treffen und sich nicht durch gewohnheitsmässiges Reagieren überrollen zu lassen.
Achtsamkeit lässt erfahrungsgemäss die Selbstwirksamkeit, Selbstachtung und das Selbstvertrauen sowie das Mitgefühl für sich und andere wachsen. Die damit (wieder-)entdeckte Lebensqualität dient sowohl dem einzelnen als auch dem Wohlbefinden aller mit ihm verbundenen Menschen. Achtsamkeit ist zudem eine Grundvoraussetzung für die Steigerung der persönlichen Resilienz. Nicht nur im ausgefüllten Privatleben hilft einem diese Stärke täglich weiter – Achtsamkeit und Resilienz sind vor allem auch wichtige Schlüsselqualifikationen im beruflichen Umfeld.
Unternehmen im Gesundheitswesen sowie im Finanz-, IT- oder Beratungsbereich haben dies schon länger erkannt und bieten ihren Mitarbeitenden spezielle MBSR-Kurse an. Man kann nur hoffen, dass dieser gesunde Trend weiter anhält und noch weitere Verbreitung in der schnelllebigen (Arbeits-)Welt erfährt.
 
Marianne Parpan ist MBSR-Lehrerin und Supervisorin/Coach.
Sie ist bei der Morgenthaler Consulting GmbH in Chur Partnerin in den Bereichen
Achtsamkeitstraining und MBSR. www.morgenthaler-consulting.ch