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Beschäftigung besonders gefährdeter Personen während der Coronakrise

Veröffentlicht am 02.07.2020
Arbeiten, ohne die Köpfe zusammenzustecken, geht nicht immer. Wie verhält es sich, wenn die Situation besonders gefährdeter Personen berücksichtigt werden muss?
Das Coronavirus hat grosse Auswirkungen auf das gesellschaftliche Zusammenleben und stellt insbesondere die Arbeitswelt vor zahlreiche Herausforderungen – auch rechtlicher Natur. Weil Homeoffice nicht für jede Berufsgattung möglich ist, sind am Arbeitsplatz entsprechende Massnahmen zu ergreifen. Fragen, die im Zusammenhang mit der Beschäftigung von gefährdeten Personen auftreten, finden in einer Covid-Verordnung eine Antwort.

von Karin Caviezel, Rechtsanwältin, Notarin sowie Partnerin bei Swiss Legal Lardi & Partner AG in Chur

Ist der Lohn geschuldet, wenn der Arbeitnehmer zwar gesund ist und arbeiten könnte, aber als gefährdete Person gilt? Darf er im Betrieb arbeiten? Ist ihm der Lohn zu bezahlen, wenn er nicht eingesetzt werden kann? Kann er zum Ferienbezug oder Abbau von Überstunden verpflichtet werden? Antworten auf diese und viele andere Fragen finden sich teilweise in Art. 10c der Covid-19-Verordnung 2, die, Stand heute, noch bis zum 13. September 2020 Geltung hat.

Beschäftigung ausserhalb des Betriebs

Wenn immer möglich soll die Arbeitgeberin ihre besonders gefährdeten Arbeitnehmenden die Arbeit von zu Hause aus verrichten lassen. Das ist für eine Vielzahl von Arbeitskräften nicht möglich (Gesundheitspersonal, Verkaufspersonal, Gastronomie usw.). In diesem Fall darf die Arbeitgeberin bei gleichem Lohn in Abweichung vom Arbeitsvertrag gleichwertige Ersatzarbeit, die von zu Hause aus erledigt werden kann, zuweisen. Solche Arbeiten können ausgehen oder sie sind nicht existent, namentlich wenn hohe Anforderungen an die Gleichwertigkeit gestellt werden sollten. Die Arbeitgeberin darf deshalb unter bestimmten Voraussetzungen die Beschäftigung vor Ort verlangen.

Beschäftigung vor Ort

Diese ist immer dann unbedenklich und kann eingefordert werden, wenn jeder enge Kontakt mit anderen Personen ausgeschlossen ist (Einzelraum oder Möglichkeit der Einhaltung des Mindestabstands von 1,5 Metern). Lässt sich der enge Kontakt nicht vermeiden, was z. B. im Pflegebereich, in der Kinderbetreuung oder in der Gastronomie der Fall sein kann, gilt das Stop-Prinzip (Substitution, technische Massnahmen, organisatorische Massnahmen, persönliche Schutzausrüstung). 
Mit Substitution ist gemeint, dass Arbeiten mit zu engem Kontakt und hohem Ansteckungsrisiko durch nicht gefährdete Personen verrichtet werden. Besteht trotz allen Schutzmassnahmen ein Ansteckungsrisiko, ist vor Ort eine gleichwertige Ersatzarbeit, natürlich ebenfalls unter Einhaltung der Schutzvorschriften, anzubieten. Vor der Anordnung dieser Massnahmen ist der Arbeitnehmer anzuhören. 
Sofern die Arbeitgeberin Gewähr für eine möglichst gefahrlose Arbeitsumgebung bietet, muss er dem vorgesehenen Einsatz allerdings zustimmen. Er darf nur ablehnen und damit der Arbeit fernbleiben, wenn er die Gefahr einer Ansteckung trotz den ergriffenen Massnahmen als zu hoch erachtet und er das mit einem ärztlichen Attest beweisen kann. Blosse Angst und somit ein subjektives Gefühl des Arbeitnehmers reichen für eine Ablehnung nicht aus. Der Arzt muss das Risiko einer Ansteckung trotz Massnahmen begründen. Können keine besonderen medizinischen Gründe aufgezeigt werden und verweigert der Arbeitnehmer die Arbeit trotzdem, entfällt die Lohnzahlungspflicht der Arbeitgeberin.

Lohnfortzahlung

Nimmt der Arbeitnehmer die angebotene Arbeit an, hat er Anspruch auf den bisherigen Lohn. Lehnt er zu Recht ab oder kann ihm die Arbeitgeberin keine adäquate Beschäftigung anbieten, entfällt die Arbeitspflicht und der Arbeitnehmer ist beurlaubt. Die Arbeitgeberin bleibt zur Bezahlung des Lohnes (100 Prozent ohne zeitliche Beschränkung) verpflichtet. Die einseitige, kurzfristige Anordnung von Ferienbezug oder Kompensation von Überstunden durch die Arbeitgeberin während dieser Beurlaubungszeit dürfte nicht ohne Weiteres zulässig sein, wobei es dazu noch keine Gerichtsentscheide gibt. Nach der Meinung des Seco kann die Arbeitgeberin, wenn einige oder alle Mitarbeiter betroffen sind, Kurzarbeit beantragen.

Bild: Pixabay