Sie sind gut ausgebildet, wollen und können arbeiten. Ihr Handicap: Sie müssen sich aus gesundheitlichen Gründen vorübergehend oder langfristig beruflich neu orientieren. In Zeiten des Fachkräftemangels stellen sie ein Potenzial dar, das oft übersehen wird. Mit einem geeigneten Einstellungsprozess finden Unternehmen hier wertvolle Mitarbeitende.
von Thomas Pfiffner, Leiter der IV-Stelle und Direktionsmitglied der SVA Graubünden
Paul M. ist Informatiker. Ein schwerer Schicksalsschlag hat zu einer psychischen Erkrankung geführt. Es fällt ihm schwer, sich unter Druck und über mehrere Stunden zu konzentrieren. Mit regelmässigen Pausen und Home-Office Zeiten erbringt Paul gute Leistungen. Ladina C. kann nach einem Unfall keine längeren Strecken gehen und ist auf regelmässige Physiotherapie angewiesen. Ihr Arbeitsplatz muss wegen der Therapiebesuche flexibel sein.
Ladina und Paul stehen exemplarisch für Menschen, die arbeiten wollen. Mit angepassten Aufgaben und einem koordinierten, begleiteten Prozess finden sie den Weg zurück in die Arbeitswelt –Im Idealfall in ein Arbeitsumfeld, in dem ihre Leistungsfähigkeit langfristig nicht mehr eingeschränkt ist.
Übersehenes Fachkräftepotenzial
Wie gross das übersehene Fachkräftepotenzial ist, dokumentieren Zahlen aus dem Jahr 2023 der IV-Stelle Graubünden: Von 865 versicherten Personen, deren beruflicher Eingliederungsprozess abgeschlossen wurde, sind heute 469 erfolgreich in den ersten Arbeitsmarkt integriert. Mit einer Erfolgsquote von 54 Prozent liegt Graubünden über dem gesamtschweizerischen Durchschnitt. Dies hängt unter anderem damit zusammen, dass die IV-Stelle Graubünden das Thema aktiv verfolgt und entsprechende Prozesse fördert. Mit reWork Job hat die IV-Stelle Graubünden einen koordinierten Prozess entwickelt, der Menschen erfolgreich zurück in die Arbeitswelt begleitet.
Stellen schaffen - nicht besetzen
In der Regel schreibt ein Unternehmen eine Stelle aus. Bewerbungen treffen ein und das Unternehmen prüft, wer die Kriterien erfüllt. Anders läuft die Rekrutierung bei der Einstellung von Menschen in beruflicher Neuorientierung ab. Dabei passen Unternehmen Aufgaben und Arbeitspensum an geeignete Kandidatinnen oder Kandidaten an. Dieses Vorgehen orientiert sich an Ressourcen- statt Defiziten. So schaffen Unternehmen ein Arbeitsumfeld, in dem gesundheitlich leistungseingeschränkte Mitarbeitende ihre Fähigkeiten entfalten können. In diesem Prozess schätzen Unternehmen und Arbeitnehmende die Beratung und Begleitung durch Organisationen mit entsprechendem Knowhow zur Wiedereingliederung.
Schritt für Schritt zum Erfolg
Die Wiedereingliederung kann beispielsweise mit einem ein- bis dreimonatigen Arbeitsversuch beginnen. In dieser Phase testen beide Seiten ohne Risiko, ob die Anstellung funktioniert. Pensum und Aufgaben können ausprobiert und angepasst werden. Bei Bedarf kann anschliessend eine begleitete Einarbeitungsphase folgen.
Loyale Mitarbeitende gewinnen
Erfolgsgeschichten von reWork Job bei Unternehmen wie der Raiffeisenbank Ilanz oder dem Spital Davos zeigen, dass mit dem richtigen Ansatz erfolgreiche Lösungen möglich sind. Unternehmen gewinnen oft wertvolle und loyale Mitarbeitende. Die gezielte Einstellung von Menschen, die sich aus gesundheitlichen Gründen beruflichen neu orientieren, bietet nicht nur individuelle Chancen, sondern stärkt ganze Teams und die Vielfalt im Unternehmen.
reWork Job bringt Unternehmen und Arbeitnehmende in beruflicher Neuorientierung zusammen
- Interessierte Unternehmen starten online auf reWork Job unkompliziert die Rekrutierung und werden anschliessend von Eingliederungsfachpersonen der IV-Stelle kontaktiert und persönlich beraten.
- reWork Job bietet klare Informationen über fachliche Kenntnisse, Leistungsfähigkeit, Ressourcen und Einschränkungen sowie ggf. notwendigen Begleitmassnahmen.
- reWork Job vermittelt Fachkräfte, weniger qualifizierte Mitarbeitende sowie Jugendliche für Lehrstellen.