Wer einen Intelligenzquotienten (IQ) von 130 und mehr hat, gilt als hochbegabt. Eigentlich eine tolle Sache. Schnelldenker sind oft leistungsstark, haben Tausend Ideen. Oftmals sind sie aber ungeduldig und fühlen sich missverstanden. Eine neue Studie zeigt: Hochbegabte kämpfen im Job mit Vorurteilen. Konflikte lassen sich entschärfen, wenn sich der Hochbegabte mit seinen Besonderheiten auseinandersetzt.
von Ingrid Braun
Mit einem Superhirn wäre der Berufsalltag ein Leichtes. Statt Überstunden zu machen, geht man jeden Tag bereits um 17 Uhr nach Hause, der Chef meckert nie über Fehler – weil ein Hochbegabter ja keine macht. Tatsächlich ist das Etikett ‘hochbegabt’ jedoch häufig eher ein Makel denn ein Vorteil. Das zeigt eine neue repräsentative Studie.
Es gibt nicht «den Hochbegabten»
Eine Forscherin der Universität Duisburg-Essen hat in der Studie 1029 Erwachsene zu ihren Vorstellungen über Hochbegabte befragt. Dabei zeigte sich, dass die Befragten den Hochbegabten ein hohes Potenzial zuschreiben und sie für sehr leistungsfähig halten.
Rund zwei Drittel bescheinigten diesen Menschen aber auch, schwierig zu sein. «Das Klischee, dass Hochbegabte sozial schwierig und emotional labil sind, hält sich hartnäckig», sagt Forscherin Tanja Gabriele Baudson, die Autorin der Studie. Dabei gebe es in wissenschaftlichen Untersuchungen keinerlei Hinweise darauf, dass hohe Intelligenz mit niedrigen sozialen Fähigkeiten einhergehe. Wer hochbegabt sei, solle das in der Arbeitswelt trotzdem lieber für sich behalten, rät Baudson.
Hochbegabte mit Problemen im Job
Ab einem Intelligenzquotienten von 130 geht man von einer intellektuellen Hochbegabung aus. Gut zwei Prozent zählen zu dieser Gruppe. Zum Vergleich: Die meisten (68,2 Prozent) haben einen IQ zwischen 85 und 115. «Ein Hochbegabter hat das Potenzial, im Beruf erfolgreich zu sein», erläutert Baudson. Das sei aber nicht automatisch der Fall, denn neben der Veranlagung brauche es ebenso die Förderung durch das Elternhaus und die Schule sowie die eigene Motivation, etwas leisten zu wollen, so die Autorin der Studie.
«Es ist schwierig, von ‘den Hochbegabten’ zu sprechen», erklärt Baudson weiter, «denn die Fähigkeiten der Menschen sind unterschiedlich. Häufig beschränkt sich Hochbegabung auf einen bestimmten Bereich. Hochbegabte denken nicht anders, nur schneller.»
Auch wenn laut Baudson die Hochbegabung nicht die Ursache für Probleme sei, so hätten manche Hochbegabte im beruflichen Umfeld Schwierigkeiten.
Sich der Schwierigkeiten annehmen
Für Abhilfe sorgen Berater, die Coaching für Hochbegabte anbieten. Klienten kämpfen oftmals damit, dass ihr Verhalten auf andere merkwürdig wirkt: Wenn ihren schnellen Gedanken niemand folgen kann, wirkt das auf manche arrogant. Andere haben ständig neue Ideen, manche missachten Hierarchien. Die Hochbegabten selbst sind frustriert: Sie haben Hunderte Ideen, und die Firma setzt sie ihrer Meinung nach viel zu langsam um.
Viele Konflikte lassen sich jedoch entschärfen, wenn der Hochbegabte sich mit seiner Besonderheit und seiner Wirkung auf andere auseinandersetzt. Aber: Nicht jeder weiss, dass er überdurchschnittlich intelligent ist. Wer es weiss, lernt damit umzugehen – und kann seine Hochbegabung gezielt für den Job einsetzen und nutzen.
Ingrid Braun ist Verantwortliche für die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit bei den Trumpf Grüsch Unternehmen
Telefon +41 81 307 62 09, Ingrid.braun@ch.trumpf.com
Bildlegende: Blitzgescheiter Schnelldenker – aber mit Problemen im Job. Bild 123rf