Die meisten „Wie bewerbe ich mich richtig“-Seminare und Lehrbücher zielen darauf ab, Tipps und Hinweise darüber zu liefern, wie man sich richtig bewirbt und vorstellt, wenn es um einen neuen Job geht. Ich fasse hier die gröbsten Fehler zusammen, welche es zu vermeiden gilt. Denn oftmals reicht es aus, sich auf das Vermeiden folgenschwerer Fehler zu konzentrieren, denn das Rad neu erfinden zu wollen.
Tipp Nr. 1 – Immer schön negativ denken
Zehn Pessimisten wollten sich zu einem „Club der Pessimisten“ zusammenschliessen. Am Tag der Gründungsversammlung blieb jeder zuhause, weil er sagte: “Das klappt sowieso nicht!“ Seien Sie sich grundsätzlich bewusst: Das was Sie glauben, denken Sie, so wie Sie denken, handeln Sie und so wie Sie handeln, wird Ihr Ergebnis sein. Wenn Sie die ausgeschriebene/angebotene Stelle also unbedingt nicht wollen, glauben Sie möglichst von Anfang an, dass das sowieso nicht klappt und konstruieren Sie darüber in Ihrem Kopf möglichst viele negative Gedanken.
Tipp Nr. 2 – Das demotivierende Motivationsschreiben
Standardisierte Motivationsschreiben aus einem der eingangs genannten Seminare oder Bücher sind gleich langweilig, wie zu lang verfasste und/oder in der Sache überdimensionierte. Verfassen Sie ein kurzes und knackiges Motivationsschreiben, welches dem Empfänger aufzeigt, weshalb Sie aus Ihrer Sicht die ideale Besetzung für diese und eben genau diese Stelle sind. D.h. verbinden Sie Ihre Person, Ihre Fähigkeiten und Erfahrungen mit den in der Ausschreibung genannten INDIVIDUELLEN Anforderungen der Stelle. Hüten Sie sich vor Selbstbeweihräucherung in Prosaform, Versprechen, die Sie nicht halten können, und vor allem vor RECHTSCHREIBFEHLERN!
Tipp Nr. 3 – Wie Ihr Lebenslauf sicher schnell aussortiert wird
Der Lebenslauf sollte den Lesern übersichtlich und lückenlos aufzeigen, wer Sie sind, was Sie können, was Sie aktuell machen und was Sie gemacht haben. Hier gibt es verschiedene Gestaltungsformen und -varianten. Konzentrieren Sie sich auf eine optisch schöne Darstellung, einen guten Informationsgehalt, einen richtigen Informationsgehalt sowie auf Lückenlosigkeit und Fehlerfreiheit. Richtiger Informationsgehalt meint hier: In jeder Hinsicht korrekte Angaben liefern und Peinlichkeiten vermeiden. Z.B. sollten Sie sich nicht eidgenössisch diplomierte Marketingfachfrau nennen. Oder als Hobbies Kunst und lesen hinschreiben, weil sich das vermeintlich gut liest und im darauffolgenden Interview können Sie nicht genau sagen, welche Kunstrichtung Sie weshalb präferieren oder welches Buch Sie gerade oder zuletzt gelesen haben. Wenn Sie Englisch mündlich hinschreiben, sollten Sie mehr als das „Ferienenglisch“ mitbringen. Auch meint z.B. der heute vielverwendete Begriff des Sabbaticals nicht das Nehmen einer Auszeit nach erfolgter Kündigung. Beim Foto scheiden sich die Geister. Auch hier gilt: Wenn Sie ein Foto mitsenden, dann aktuell, farbig in Passfoto-Format und nicht das abgetrennte Hochzeitsfoto oder mit dem Hund spielend. Sie werden jetzt vielleicht schmunzeln, aber ich weise nicht umsonst darauf hin.
Tipp Nr. 4 – Papiere, die die Welt nicht braucht
Wenn Sie die Stelle nicht unbedingt wollen, sollten Sie sämtlichen unnötigen Ballast wie die Grund-, Sekundar- und/oder Gymnasiumzeugnisse Ihrer Bewerbung mit beilegen. Ebenfalls beliebt beim Leser sind Semesternoten des Studiums, Zertifikate von eintägigen Verkaufsseminaren, Nothelferausweise und dergleichen. Achten Sie besser darauf, dass die Beilagen Ihre auf dem Lebenslauf gemachten Angaben über Kompetenzen und Erfahrungen vollständig dokumentieren. Natürlich gibt es Ausnahmen wie z.B. bei jüngeren Bewerbenden oder bei Studenten, die sich nach dem Studium auf die erste Stelle bewerben. Auch kann ein Nothelferausweis ein wichtiges Dokument sein, wenn die ausgeschriebene Position dies erfordert.
Tipp Nr. 5 – Sicher nicht am veralteten Sprichwort „Kleider machen Leute“ festhalten
Wenn Sie es zum Vorstellungstermin schaffen und dort scheitern wollen, sollten Sie ein möglichst unangemessenes Erscheinungsbild abliefern. D.h. am Mittag den Salat mit frischem Knoblauch anreichern, in Ihre „Hochzeitsuniform“ steigen und fünf Minuten vor dem Termin noch schnell die Anti-Stress-Zigarette rauchen, die Ihren Kleidern und Ihrem Atem die entsprechende Duftnote verleiht. Angemessene Erscheinung meint hier dem Unternehmen und der ausgeschriebenen Position angepasst gekleidet, stilsicher, gepflegt und korrekt. Es hilft generell im Leben, sich diesbezüglich einmal von neutraler Stelle beraten zu lassen oder zu Gunsten des Erfolgs über seinen eigenen Schatten zu springen und den „Normalo“ zu spielen.
Tipp Nr. 6 – Investieren Sie auf keinen Fall Zeit in die Vorbereitung
Seien Sie am Gespräch möglichst unvorbereitet. D.h. setzen Sie sich weder mit dem Unternehmen und der ausgeschriebenen Stelle auseinander, noch mit dem, was Sie an diesem Gespräch erwarten könnte. Damit antworten Sie zweifelsfrei professionell und kompetent auf die Ihnen gestellten Fragen, gleichzeitig stellen Sie sicher keine intelligenten Fragen und können theoretisch gleich zur der für Sie relevanten Lohnfrage schreiten. Beschaffen Sie sich auf keinen Fall vorher Informationen über das Unternehmen und notieren Sie sich keine wichtigen Fragen dazu. Deshalb sicher auch keine Schreibmappe zum Gespräch mitbringen, um sich Notizen zu machen. Nun lassen wir die häufigsten Fehler beiseite. Wenn Sie einen positiven Eindruck machen wollen, informieren Sie sich und überlegen Sie, wie Sie sich in dieses Unternehmen einbringen können und wo der Nutzen für das Unternehmen liegt, Sie zu verpflichten. Seien Sie top vorbereitet und professionell.
Tipp Nr. 7 – Vermeiden Sie alle Fehler in den Ausführungen 1 – 6
Vielleicht werden Sie beim einen oder anderen Satz gelacht haben oder gedacht haben, das sei doch logisch, aber glauben Sie mir, das sind kumuliert die mir in meiner Praxis am häufigsten begegneten Verfehlungen, unabhängig von Alter, Geschlecht, Hierarchiestufe und Qualifikation. Wie ich eingangs erwähnte, reicht es oft aus, das, was viele andere falsch machen, selbst richtig zu tun. Nebst der Wahrscheinlichkeit, dass sich dadurch Ihre Chancen erhöhen, hat dies einen weiteren positiven Effekt. Sie brauchen sich nämlich, auch wenn es nicht klappen sollte, keinen Vorwurf zu machen, weil das, was Sie richtig machen konnten, haben Sie soweit richtig gemacht. Sollte es trotzdem immer mal wieder Enttäuschungen geben, überlegen Sie sich, diesbezüglich ein Gespräch mit einem neutralen und ausgewiesenen Coach in Anspruch zu nehmen. Dieser kann Ihnen vor allem in den Bereichen in Tipp Nr. 1 behilflich sein. Dort liegt das Essenzielle bei jedem Menschen.
Autor:
Claudio Götschi, Verwaltungsratspräsident der MKS AG, Kompetenzzentrum für Marketing und Management, Sargans